Montag, 10. Dezember 2007

Vom Schenken

Vorletzten Freitag saß ich wie jeden Tag in meinem Zimmer am Computer und machte nichts Bestimmtes. Da ICQ und SchülerVZ allein noch nicht interessant genug sind, hörte ich nebenbei Radio. Allerdings nicht einen Neue-Hits-größte-Abwechlung-immer-das-Gleiche-lustigste-Morningshow-Sender, sondern WDR5. Auf WDR5 werden hauptsächlich Wortbeiträge zu aktuellen Themen gebracht. Aufgrund des chronischen Schlafmangels, den wohl jeder Schüler der 10. Klasse gut kennt, plätscherten jedoch jegliche geistreiche Beiträge durch meine Ohren, ohne Spuren zu hinterlassen.
Aber plötzlich horchte ich auf: Hatte ich gerade etwas von Weihnachtsgeschenken gehört? Seit Wochen zerbrach ich mir nun schon den Kopf, womit ich Familie und Freunden zum "Fest der Liebe" eine Freude machen könnte. Sollte diese kurze Sendung mit dem Titel "Auf ein Wort" endlich die Lösung dieses zur Zeit größten meiner Probleme bereithalten?
Es begann vielversprechend: "Was schenken wir Menschen, die schon alles haben und das, was sie zu brauchen glauben, selbst kaufen?" Aber Pustekuchen. Vorgeschlagen wurde ein Pinguin. Für 1800,-€.
WTF?!?! Wer soll sich das leisten können? Ich mit meinen knapp 60,-€ Monatsgehalt aus Jobs und Taschengeld jedenfalls nicht.
Schnell wurde aber klar, dass es darum auch gar nicht ging. Es drehte sich vielmehr um's Schenken an sich, bzw. um das, was kein Schenken mehr ist: Das Schenken z.B. in Form einer Spende sei heute keine einfaches Geben mehr. Wir erwarteten eine Gegenleistung in Form von Kontrolle darüber, was mit unserem Geld passiert. So sagt die Autorin z.B.: "Wir spenden für ein Kinderheim in Moldawien und wollen dafür zweimal im Jahr einen Dankesbrief in krakeliger Kinderschrift." und so geht es weiter. Man kommt zu dem Schluss: Das ist kein Schenken, sondern der Preis für ein gutes Gewissen und "eine Portion Dankbarkeit für's Ego"
Autsch! Das tat weh. Voll in's noble Selbstbild. Ich fühlte mich angesprochen, schuldig. Als ich aber darüber nachdachte, warum, begann ich schnell, mich selbst zu verteidigen.
Ich konnte doch schenken?! Eine Sache wie eine Patenschaft für ein Dritte-Welt-Kind lag ohnehin nicht im Rahmen meiner finanziellen Möglichkeiten. Ich gab doch Bettlern in Hannovers Fußgängerzone mein Kleingeld, ohne zu prüfen, was damit passierte. Und ich gab doch gern, ohne die Kontrolle über den Verbleib zu haben...
Aber Moment: Die kleinen bronzenen und goldenen Münzen sind mir doch fast nichts wert, ist das nicht billig erkauftes gutes Gewissen? Schließlich ist es ja sooo großzügig von mir, zu geben, ohne etwas dafür zu erwarten.
Und bei anderen Geschenken? Erwarten wir da nicht etwas? Ein Lächeln, Dankbarkeit...? Wir wollen doch die Kontrolle darüber, dass das Schenken seinen Zweck erfüllt.
Die Kolumne lässt mich nachdenklich zurück. Ist denn alles Geben nur dazu gedacht, mir ein gutes Gewissen zu machen, jedes Hoffen auf Freude nur eine Verlangen nach Egofutter?
Ich denke nicht. Aber vielleicht sollten wir uns nicht nur darüber Gedanken machen, was wir schenken, sondern auch, warum wir es tun.
von Lisa Behrens
[Objekt: "Auf ein Wort" 30.11.07
                Autorin: Kirstin Hansen]

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Jup.

Anonym hat gesagt…

Also falls es dich beruhigt: Meines wissens nach sind die Bettler in Hannover auch über kleine Geldspennden sehr dankbar. Sie sitzen dort immerhin den ganzen Tag. Und wenn in einer Stunde nur 5 Schüler (z.B.) vorbei kommen und alle 20Cent spennden reicht es Abends für zwei Pullen Fuselvodka und nen BigMäc.

Was das Schenken angeht: Ich glaube ich schenke nicht weil ich erwarte etwas zu bekommen, sondern weil ich erwarte etwas zu bekommen wenn ich es nicht tue: nämlich Haue. So gesehen sind wir schon einen Schritt weiter. Wir erfüllen lediglich bereits bestehende Erwartungshaltungen.

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