Dienstag, 24. März 2009

Die Chronik des Polenaustauschs

Uuuuuh, wie episch das klingt =) Nunja, hier der versprochene Post:

Sonntag, 10 Uhr morgens. Ich verabschiede mich von Kilian, der trotz strömenden Regens und seltsamer Überholmannöver noch mit dem Motorrad mit zum Bahnhof gekommen ist. Koffer und Taschen werden daraufhin auf den Bahnsteig getragen, bald ist der Zug da. Auf nach Trzcianka! Naja, kleine Brötchen backen, die Kirche im Dorf lassen, erstmal nach Braunschweig. Dort Umstieg, Fahrt nach Magdeburg. Von da aus nach Berlin Ostbahnhof. Diverse Komplikationen und Ignoranzen folgen, wir verpassen eine Oderlandbahn nach Kostrzyn von Berlin/Lichtenberg.
Etwas über drei Stunden später steigen wir in einer extrem deprimierenden, völlig menschenleeren, rostenden und von abblätternder Farbe und hässlich verputzten Wohnblöcken nur so strotzenden Kleinstadt namens Kostrzyn um. Zum Glück sieht es nicht überall in Polen so aus... mir wurde später sogar gesagt, dass dieser Ort fast landesweit für seine Hässlichkeit bekannt wäre. In zwei überfüllten Zügen dann endlich über Grosow nach Trzcianka. Klang alles nicht so schlimm? Diese Hinfahrt war 10 Stunden wert...Oderlandbahn, früher Ostbahn

Alle wurden vo ihren Gastfamilien abgeholt. Sylwia, meine Austauschpartnerin, kam mit Vater und einem Schlachtschiff von Opel. Bei ihr zu Hause lerne ich ihre Schwester und ihre Mutter kennen, von letzterer werde ich erstmal geherzt und natürlich zum Abendessen an den Tisch gesetzt. Ich hatte auf der Hinfahrt zwar schon aus Langeweile und Geselligkeit gefühlte 3 kg Essen in mich hinein gestopft, aber da musste man nun durch, man will ja nicht unhöflich sein. Sylwia hatte für die Woche für mich sogar ihr Zimmer geräumt...

Montag, 7 Uhr. Aufstehen, duschen, Haare waschen, fertig machen, anziehen, frühstücken (Widerstand zwecklos, natürlich) und mit dem Auto zur Schule - Sylwias Mutter ist Physiklehrerin an ihrer Schule, sie hat sie sogar im Unterricht... Die deutschen Leute erzählten sich von ihren ersten Erlebnissen und gingen mit ihren Partnern in deren Klassen. Natürlich verstanden wir kein Wort. Auffallend: Jeder Klassenraum hat einen eigenen PC mit Beamer. Sonst ganz normales Oberstufengebäude.
10 Uhr. Begrüßung durch den Bürgermeister im Rathaus. Nur die deutsche Gruppe war da. Uns wurde eine Menge über ansässige Industrie und ähnliche interessante Dinge berichtet, wir bekamen einen Trzcianka-Jutebeutel mit Postkarte, Mousepad, Schlüsselanhänger und Touristenführer und wurden wieder entlassen.
14 Uhr. Sylwia hat Schulschluss, wir gehen mit einem kleinen Umweg über eine winzige Videothek zu ihr nach Hause. Dann schön aufs Sofa mit Lasagne und Salem's Lot chillen. Es war schon deshalb nicht wirklich gruselig, weil eine polnische "Synchronisation" sich derart gestaltet, dass es einen monton vorlesenden Sprecher für alle Rollen gibt, der einfach über das englische Original tönt. Zusätzlich hatte ich meine deutschen Untertitel, vom englische Text hörte man leider nicht viel.
18.30 Uhr. Lagerfeuer außerhalb der Stadt im Wald, sehr lauschiger kleine Unterstand mit Lagerfeuerplatz, Bänken etc. Alkohol war vorher besorgt worden. Mein liebstes polnischen Bier: Lech. Bester Vodka der Welt: Zubrowka. Es waren viele Menschen da, alle Leute, die am Austausch teilnahmen und noch einige Polen mehr. Einige konnten Gitarre spielen, einer hatte sein Saxophon dabei, einer seine Trommel... sehr cooler Abend mit chillen, grillen und jammen. 

Dienstag, 07 Uhr. Gleicher Ablauf wie Montag, aber mit mehr Kaffee beim Frühstück... In der Schule die erste Polnisch-Doppelstunde. Ein paar Worte hat man schon gelernt, aber die Sprache ist echt nicht ohne! Man kann sich an den Klang meiner Meinung nach aber echt gewöhnen ("Jede Sprache kann unglaublich sexy klingen, wenn man das will" ;) Bester Satz des Tages, von unserer Polnisch- / deren Deutschlehrerin: "Polnisch ist sehr simpel." Ja. Klar. Dobranoz.
Was wir nachmittags gemacht haben, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr...
20 Uhr. Treffen im Cactus, einem Pub nahe der Schule, der sich nicht wirklich um irgendwelche Volljährigkeiten kümmert (Einlass, Hartalk und Zigaretten sind ab 18). Hab mich nett mit dem Bassisten der - recht guten - Schulband unterhalten. Leider ist sein Englisch... naja, schön ist das nicht ^^ Ich musste jeden dritten Satz umformulieren, war ein bisschen anstrengend, aber sonst netter Kerl. 
Cactus Pub, wohl vor der Renovierung

Mittwoch, 07 Uhr. Wie immer... wieder mit viel Kaffee. Um 08 Uhr ging's mit dem Bus los nach Poznań (Posen).  2,5 h Fahrt, eine Stadtrundführung, bald shopping. Die Stadt ist recht hübsch, unwesentlich größer als Hannover, grauer Putz blättert neben aufwendig renoviertem Barock. Die Einkaufsmeile ähnlich wie zu Hause, die Preise sind unwesentlich niedriger. Wirklich merkbar sind Unterschiede bei Essen und Trinken sowie Dienstleistungen wie Friseurbesuch, wo unsere Preisziffern z.T. in Złoty (1€ = 4,3 Złoty) bezahlt werden. 
18 Uhr wieder zu Hause, kurzes Auffrischen, dann Kinobesuch: Slumdog Millionaire, sehr geiler Film! Umbedingt sehen! Der hat seine Oscars schon verdient... 
Natürlich wieder arg spät zu Hause.

Donnerstag, na? Wie spät? Ratet mal... allmorgendliche Prozedur, der Kaffeebedarf steigt stetig. Statt zum Polnischunterricht zu gehen, ging ich mit Marta, einer Freundin meiner Partnerin in so eine Art Jugendgottesdienst in der Kirche. Es stimmt schon, dass Polen sehr katholisch ist. Es wird sich oft bekreuzigt, es gibt am Freitag kein Fleisch, man geht ein- bis zweimal die Woche zur Kirche. Trotzdem erscheinen mir die Menschen nicht besonders religiös. Es ist da einfach etwas, was man tut, ohne sich darüber zu wundern. War recht nett, aber hab natürlich mal wieder nichts verstanden und bin ein bisschen eingeschlafen - zum Glück leise und sabberfrei ;) Nach den 2,5 h gingen wir mit einigen Menschen einkaufen, Proviant für die Rückfahrt und den Abend. Der war dann auch der HAMMER.
19 Uhr. Die Polen hatten so eine Art Club/Disco gechartert. Sprich: Es waren zwar auch andere Leute drin, aber wenn wir uns irgendwo hinsetzen wollten, mussten wir nur sagen "hier, geht da mal weg" ^^ Musik war nicht so doll, aber wir haben ohnehin hauptsächlich Billard gespielt und uns bei ein paar Bierchen unterhalten. Und hey - ich bin echt gar nicht schlecht in dem Spiel =) Lass ma Billard spielen gehn ^^ An dem Abend lernte ich Jedrek (sprich: ungefähr "Jendrek") kennen, einen netten, langhaarigen und sprachbegabten Menschen aus der Stadt dort. Guter Musikgeschmack, der Mensch und auch sonst recht nett. Mal schaun, vllt hält sich der Kontakt, man wird sehen.
Gegen Ende haben ich, Sylwia, Jedrek und Tomasz dann doch noch getanzt, wobei letzterer der einige war, der das ganz ernst genommen hat ^^ War aber echt cool... Lass ma tanzen gehn =)

Freitag, 07 Uhr. Zur Schule, eine letzte Polnsich-Doppelstunde für die Deutschen. Auf die Austauschpartner vor der Kirche gewartet, nochmal einkaufen gegangen (kp, wieso eigentlich...) und irgendwann später nach Hause gegangen. Sachen gepackt und dann mehr doer weniger nur noch gewartet. Um 14.45 Uhr fuhren wir los zum Bahnhof.
15.12 Uhr. Der Zug fährt ein. Sylwia und ich knuddeln uns nochmal zum Abschied, ich verspreche, im Sommer wiederzukommen.
Die Rückfahrt ist 2 h kürzer durch bessere Verbindungen, unterscheidet sich sonst nicht wesentlich von der ersten. In Lehrte verabschiede ich alle anderen, fahre allein die letzte Station nach Arpke. Melancholie macht sich breit... 
23.15 Uhr. Wieder zu Hause. Mein Zimmer, mein Bett, der vertraute geruch nach Heim. Aber irgendwie nicht ganz zufrieden. Auch wenn ich froh bin, wieder hier zu sein, ich freue mich auf den Sommer! 

Mehr Bilder poste ich in einem extra-Post, ich hatte keine Kamera mit und muss mir noch welche besorgen.

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